Die Mitglieder des Förderkreises besuchten die Ausstellung „7000 Jahre Schmuckkunst“ im Museum für Angewandte Kunst. Im Anschluss fand die Mitgliederversammlung statt, wo über die Förderungen für die Häuser in 2025 entschieden wurde.
Wir freuen uns über neue Mitglieder: Wer dabei sein und uns bei besonderen Anschaffungen und Projekten unterstützen will (ab 10 €/Monat): Bitte Mail an !
Live Music NowMusikerinnen und Musiker der Stiftung Live Music Now besuchen regelmäßig das Frida Kahlo Haus und schenken mit ihren Konzerten besondere musikalische Momente.
Auch dieses Mal freuten sich Bewohnende wie Mitarbeitende auf zwei herausragende Künstlerinnen: Die taiwanesische Pianistin Wan-Yen Li, die sich als Stipendiatin renommierter Programme wie der Heidelberger Frühling Liedakademie auf das Kunstlied spezialisiert hat und aktuell als Solo-Pianistin verzaubert.
An ihrer Seite stand die Klarinettistin Eva Gronsfeld, die bereits früh zahlreiche Orchesterprojekte in Europa mitgestaltet hat und heute an der HfMT Köln Instrumentalpädagogik studiert.
Beide Musikerinnen sind Teil des Förderprogramms von Yehudi Menuhin, das durch ehrenamtliche Konzerte Musik zu Menschen bringt, die selbst nicht in Konzerthäuser gehen können. Die Verbindung aus sozialem Engagement und musikalischer Exzellenz ist dabei ganz im Sinne des Geistes von Yehudi Menuhin, einem weltberühmten US-amerikanisch-britischen Geiger und Dirigenten.
Wir danken beiden Künstlerinnen und der Stiftung und freuen uns auf weitere musikalische Erlebnisse voller Nähe und Ausdruck.
PflegekongressEin Kurs unserer Pflegeschule besuchte mit zwei Lehrkräften und einer Praxisanleiterin den „Jungen Pflegekongress“ in Bochum. Die angehenden Pflegefachkräfte beschäftigten sich hier unter anderem mit „Diversität in der Pflege“. Dazu gehören auch die Themen „Kultursensible Pflege“ und „Queere Pflege“, die zu Schwerpunkten des Clarenbachwerks zählen.
Integrationsbeauftragte hilft Mitarbeitenden 2Edita Zickert ist seit einiger Zeit die Integrationsbeauftragte des Clarenbachwerks. Was genau das ist und warum es eine gleichermaßen wichtige wie schöne Tätigkeit ist, erläutert sie im Interview.
Georg Salzberger: Ich freue mich, dass es mit unserem Gespräch so schnell geklappt hat und ich etwas über die Integrationsbeauftragte des Clarenbachwerks erfahren kann. Ausgangspunkt für mich waren Fotos von einer Stadtführung mit Ihnen und neuen Mitarbeitenden des Clarenbachwerks. Die Fotos drücken meines Erachtens bildhaft aus, worum es bei Integration geht. Stimmt das? Und was ist das eigentlich, eine Integrationsbeauftragte, was macht die genau und wie sind Sie zur Integrationsbeauftragten geworden?
Edita Zickert: Frau Richter hat mich angesprochen, auf Empfehlung von Herrn Schröder. Das Clarenbachwerk hat genauso wie viele andere Träger mit dem Notstand zu tun, zu wenig Pflegekräfte anstellen zu können, vor allem zu wenig examinierte. Eine Maßnahme, das zu ändern, besteht darin, Pflegekräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Das hat Frau Rönneper initiiert. Das ist übrigens nichts ganz Neues, das läuft schon seit einigen Jahren. Es gibt verschiedene Firmen, die das machen und das Clarenbachwerk arbeitet mit drei Firmen zusammen: Triple Win, diese Firma arbeitet mit der Bundesagentur für Arbeit zusammen, die rekrutieren hauptsächlich Pflegekräfte aus Indien, aus Kerala. Dann ist da die Firma Iuvare, über die haben wir drei tunesische Pflegekräfte vermittelt bekommen. Die sind schon gut hier angekommen, sie warten auf die letzten unerledigten Papiere, zum Bespiel den Stempel des Ausländeramtes. Und schließlich arbeiten wir noch mit der Firma Dekra zusammen, diese Firma hat uns Pflegekräfte aus Albanien vermittelt. Jede Firma handhabt das anders, der Prozess ist jeweils anders. Und da braucht man jemanden, der das alles im Blick behält. Deshalb ist es wichtig, eine Integrationsbeauftragte zu haben.
gS: Warum sind die Verantwortlichen des Clarenbachwerks auf Sie gekommen?
eZ: Vielleicht bin ich ein gutes Beispiel für gelungene Integration. Ich komme ja aus Litauen und habe fast das Gleiche durchmachen müssen. Ich weiß, wie schwer das ist, was für Probleme man hat. Ja, es gibt eine Reihe von Sachen, an die man selbst gar nicht denkt, bzw. denkt man nicht daran, dass es ein Problem sein könnte. Zum Beispiel hat mir eine Inderin erzählt, wir unterhielten uns über allerhand und ich fragte: „Was war für dich komisch, interessant oder ungewöhnlich, als du nach Deutschland gekommen bist, was war quasi ein Kulturschock?“ Daraufhin meinte sie, ja besonders die Ampel. „Wieso die Ampel?“, erwiderte ich, die gibt es doch auch in Indien. „Na klar gibt es in Indien auch Ampeln, aber kein Mensch bleibt bei Rot stehen.“
gS: Da ist sie doch in Köln genau am richtigen Ort, die Kölner sind auch nicht besonders ehrfürchtig bei roten Ampeln …
eZ: Trotzdem ist es natürlich wichtig, auf solche Eigenarten hinzuweisen. Das hat in diesem Fall auch Frau Janes gemacht, die hat eine Patenschaft übernommen, um eben das Ankommen und Hiersein zu erleichtern.
gS: Kann ich sagen, Sie hätten sich seinerzeit auch eine Integrationshilfe gewünscht, als sie neu in Köln waren?
eZ: Bei mir war das eine andere Situation, ich bin zunächst als Au Pair gekommen, das heißt ich war in einer Familie, die mich sehr nett an die neue Umgebung und Situation herangeführt hat, die sozusagen auch Integrationsbeauftragte für mich waren. Denn es geht natürlich nicht nur um Ampeln, das ist eher unwichtig. Herausfordernd sind die Behördengänge, wo bekomme ich eine Handy-Sim-Karte her, wie aktiviere ich die, Anmeldung bei der Stadt Köln, beim Ausländeramt, was muss ich tun, damit meine Abschlüsse hier anerkannt werden. Und natürlich arbeite ich eng mit den Häusern zusammen. Ganz wichtig aber ist, dass ich mich nach den Neuankömmlingen erkundige, frage, wie geht es, was fehlt, gefällt die Arbeit, wie ist das Verhältnis zu den Kollegen usw. Eine Inderin hat mich am besten beschrieben, als sie gefragt wurde, wer ich sei: „Das ist unsere Freundin, unser alles!“
gS: Sie sind, wenn man so will, für die Willkommenskultur zuständig. Wir können uns alle vorstellen, wie schwierig ein Anfang in einem neuen Land ist, mit fremder Sprache, anderer Kultur. Da ist es schon eine sehr große Hilfe, wenn man jemanden an der Seite hat, den man alles fragen kann und die einem alles zeigt und erklärt.
eZ: Ich helfe einfach bei den ersten Schritten. Jetzt fällt mir gerade ein, eine Pflegerin, die in Deckstein arbeitet, aber in Müngersdorf wohnt, ihr habe ich dann gezeigt, wie sie an ein Deutschland-Ticket kommt und ich bin mir ihr die Strecke nach Deckstein mit Bus und Bahn abgefahren. Letzthin habe ich auch eine Pflegerin ins Krankenhaus begleitet, als sie plötzlich krank wurde.
gS: Ihre Tätigkeit richtet sich nach dem Bedarf, den die Neuankömmlinge haben?
eZ: Genau, deshalb kann ich auch gar nicht genau sagen, was ich mache, gemacht habe, was alles dazu gehört. Das entscheiden die neuen Pflegekräfte. Es kommt immer drauf an, was sie brauchen, was sie wünschen.
gS: Wie viele Mitarbeitende haben Sie inzwischen begleitet?
eZ: Drei aus Tunesien, drei aus Albanien und drei aus Indien.
gS: Und alle haben Wohnungen im Clarenbachwerk?
eZ: Genau, entweder im Stephanus/Paulus oder im Haus Martin Luther King. Eine neue Kollegin wohnt in Düren, die hat da Familie und die haben ihr eine Wohnung organisiert, haben sich auch um die Anmeldung gekümmert, ich musste mich nur noch um die Krankenversicherung kümmern.
gS: Und Sie machen das gerne?
eZ: Ja, sehr gerne!
gS: Können Sie beschreiben, warum?
eZ: Weil das sehr abwechslungsreich ist, wie gesagt, man weiß nie was kommt. Und die Menschen sind alle nett, man hat einen schönen Austausch mit anderen Menschen aus anderen Kulturen. Sinnvoll ist die Arbeit und sie ist schön, unter anderem, weil man Ergebnisse sieht. Ich freue mich, wenn Prüfungen, zu denen ich begleite, bestanden werden. Bei allen Tätigkeiten gibt es Ergebnisse, an denen man den Erfolg der Bemühungen erkennen kann.
gS: Und es ist sicherlich ein Segen, wenn Sie das gerne machen, dann fühlt man sich als Neuankömmling direkt willkommen. Nochmal zurück zu den Fotos, die ich gesehen habe und die mich angesprochen haben.
eZ: Eine Stadtführung, das war die Idee von Frau Klemm. Die war schon früher involviert, hat die Begleitung zunächst gemacht und sich um drei Mitarbeitende aus Tunesien und zwei Kolleginnen aus Indien gekümmert und hatte dann auch die Idee mit einer Stadtführung, um allen Neuankömmlingen Köln zu zeigen. Als sie mir das erzählt hat, habe ich direkt an Uli (Kievernagel) gedacht, den Köln-Lotsen, einen besseren gibt es nicht. Ich habe ihn dann angerufen, er hat sich sehr gefreut und Uli hat uns auf seine lebendige Art und Weise Köln und seine Eigenheiten gezeigt.
gS: Und wie war das für die Neukölnerinnen und Neukölner, war Köln für sie sehr fremd?
eZ: Ich glaube, das war für die meisten nicht sehr fremd, die sind ja schon ein paar Monate hier, die kannten Köln schon ein bisschen. Aber die Führung fand sehr guten Anklang, war schön und interessant.
gS: Auch was den Karneval angeht?
eZ: Niketta aus Albanien musste einen Schwur auf die Roten Funken ablegen, wir standen dabei, alle mit roten Nasen.
gS: Und werden die Teilnehmenden alle aktiv sein am Elften im Elften?
eZ: Alle nicht, aber einige bestimmt. Die erwähnte Dame aus Albanien, Niketta, trug beim diesjährigen Betriebsfest die Anstecknadel der Roten Funken, die sie bekommen hatte.
gS: Haben Sie eigentlich das Gefühl, dass es Köln den Neuankömmlingen leicht macht, wie man das immer so sagt oder behauptet? Dass Köln eine Stadt ist, zu der „Immis“ schnell Zugang findet?
eZ: Auf jeden Fall, Köln ist zurecht dafür bekannt. Aber die Behörden … eher nicht!
gS: Gibt es Aspekte, nach denen ich noch nicht gefragt habe, die Ihnen aber noch wichtig sind?
eZ: Wichtig ist unbedingt noch, dass wir Paten suchen für unsere neuen Kolleginnen und Kollegen. Diese Paten sollten auch Spaß haben, die Neuankömmlinge miteinzubeziehen, sie mal abends mitnehmen, zum Beispiel zum Weihnachtsmarkt, sie einfach mit einbinden. Auch, um die Deutschkenntnisse noch zu verbessern, gibt es nichts Besseres als Kontakt zu deutschen Kolleginnen und Kollegen. Einige Neuankömmlinge kannten sich bereits, die anderen habe ich mit-
einander bekannt gemacht, aber um dauerhaft gut hier leben zu können, wäre es wichtig, dass sich ihr Kreis an Mitmenschen erweitert.
Und ich möchte noch erwähnen, dass ich nicht alles allein mache, sondern zusammen mit Chiara Rönneper und Lena Klemm, mit denen ich mich regelmäßig austausche, nicht nur, wenn ich mal nicht weiter weiß!
gS: Vielen Dank, Frau Zickert für diesen anschaulichen Einblick in ihre Tätigkeit als Integrationsbeauftragte!
Tipp: Radiobeitrag zum Thema
„Auslandsrecruiting“ in „Neugier genügt“/WDR 5, in dem auch vom Clarenbachwerk berichtet wird. Sendetermin voraussichtlich 25.3., anschl. in der Mediathek: https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/neugier-genuegt/index.html
UNTERSTÜTZUNG GESUCHT!
Worüber würden wir uns freuen, wenn wir für einen neuen Job in ein anderes Land mit einer fremden Kultur kämen? Wohl vor allem über Interesse, Kontakte und hilfreiche Tipps.
Deshalb suchen wir offene Menschen, die unseren neuen Mitarbeitenden (alle haben Deutschkenntnisse auf B2-Niveau) ab und zu etwas von Köln und seinem Angebot zeigen. Zum Austausch oder für gemeinsame Aktivitäten, z. B. Einkaufen, Feste, Freizeit-, Kultur- oder Sportveranstaltungen.
Interessierte melden sich bitte bei Editha Zickert unter
Gerne auch weitergeben an Freunde und Bekannte – vielen Dank!
Herzlichen Glückwunsch! Ihre Weiterbildung zur Pflegedienstleitung haben Frau Wedell und Frau Vural (Häuser Paulus/Stephanus) sowie Frau Özkurt (Anne Frank/Paul Schneider Haus) bestanden und wurden von ihren Einrichtungsleitungen zum Zertifikat beglückwünscht – auch wir gratulieren zu der tollen Leistung!
Kammermusik bewegende Momente 2Gerade berichtete der Stadtanzeiger über das Projekt in unseren Einrichtungen: Melanie Heizmann, Sängerin, ehrenamtliche Palliativbegleiterin und systemischer Coach, bietet „Kammermusik“ an – aber nicht in der klassischen Definition, sondern für Menschen, die nicht mehr so mobil oder bettlägerig sind.
Das Clarenbachwerk startete ein Pilotprojekt mit ihr zum Sommerfest 2022 – während draußen die Bands spielten, besuchte Melanie Heizmann einzelne Bewohnerinnen und Bewohner in deren „Kammer“ und schenkte ihnen ein kleines Privatkonzert „an der Bettkante“.
Mit einer Musik-Box kommt sie zu etwa 20-minütigen, musikalischen 1:1-Begegnungen vorbei. Die Lieder sind auf die Bewohnerwünsche angepasst: seien es die Comedian Harmonists, alte Volkslieder, Jazz oder saisonal passend. Oft ermöglicht die Musik Gesprächsanlässe und Rückschlüsse auf das Befinden.
Mit ihrem Angebot erreicht Melanie Heizmann selbst Menschen, die durch Demenz ein herausforderndes Verhalten zeigen oder kaum mehr ansprechbar sind. Auch wenn Bewohner im Sterben liegen, weiß sie, was im jeweiligen Moment gefragt ist: Ansprache, die Hand halten, Mut machen – oder ein Lied singen.
Lebensbilder FKH Teil 4(„Gleitschirm und Magnolien“ – Auszug aus der Biografie von Ali Akbas)
Mein Name ist Ali Akbas. Geboren bin ich 1971 und seit 2005 wohne ich hier im Frida Kahlo Haus. Durch einen Unfall im Sommer 1986 bin ich querschnittsgelähmt.
Die ersten neun Jahre meines Lebens habe ich in Esençay verbracht. Das Dorf Esençay, das übersetzt so viel bedeutet wie „windiger Bach“, liegt wunderschön in der Provinz Amasya, in der Nähe vom Schwarzen Meer. Es ist total grün und sehr fruchtbar dort am Rand der Berge, die teilweise über tausend Meter hoch sind. Fast alles, was man sich wünscht, wächst dort oben in der mittleren Nord-Türkei. Jeder hatte damals mehr oder weniger Landwirtschaft und Tabak, Gemüse, Sonnenblumen oder Früchte angebaut. In der Natur drumherum findet man überall Bäche, kleine Flüsschen, viele Wälder, rauschende Wasserfälle, tolle Seen und tiefe Schluchten. An Tieren gab es Kühe, Ziegen, Schafe, Hunde, Katzen oder Esel, auf denen wir teilweise sogar geritten sind. (…)
Im Sommer konnte es ziemlich heiß und im Winter extrem kalt werden. Oft hatten wir über einen Meter hohen Schnee, was uns aber nicht abgehalten hat, stundenlang Schlitten zu fahren und total verfroren und nass nach Hause zu kommen. Die Oma hat dann natürlich immer geschimpft. Naja, aber zum Glück konnte ich mich dann am Kaminofen, der mit Holz geheizt wurde, so langsam aufwärmen. Im Ort gab es ein Ober- und ein Unterdorf und etwa in der Mitte waren eine Moschee, ein kleiner Supermarkt, verschiedene Backhäuser, die jeder Einwohner nutzen konnte, sowie ein Platz, wo zweimal in der Woche ein Markt stattfand.
In unserem Viertel gab es ganz viele Mitglieder der Familie Akbas und sogar auch eine Akbas-Straße. Noch heute habe ich eine ganze Menge Verwandte dort … Wenn ich auf die weiterführende Schule gegangen wäre, hätte ich täglich mit dem Bus zur Provinzhauptstadt Amasya fahren müssen, die etwa 15 Kilometer weiter talwärts liegt. Aber dazu kam es bei mir nicht. Wie so viele andere Leute aus dem Dorf ist nämlich auch mein Vater nach Deutschland zum Arbeiten gegangen, weil er in der dörflichen Landwirtschaft, wo man für viel Arbeit nur wenig Lohn bekam, keine Zukunft für sich und seine Familie sah. In Esençay wurden damals Flugblätter verteilt und darauf stand, dass man in Deutschland dringend Arbeiter suchen würde! Zuerst ging mein Vater, dann ging meine Mama und nachdem sie sich in Gelsenkirchen eingewöhnt und noch einen Sohn bekommen hatten, holten sie mich nach und schließlich kamen auch meine anderen zwei Geschwister auf die Welt. Ich habe noch zwei jüngere Brüder und eine jüngere Schwester, mit denen ich mich supergut verstehe. In der Zwischenzeit habe ich bei der Oma oder bei Tanten gelebt. Ich weiß noch, wie ich in den Sommerferien 1980 nach Gelsenkirchen-Ückendorf kam. Ich habe auf die grauen Hochhäuser und die laute zweispurige Straße voller stinkender Autos geschaut und geschimpft: „Ich will wieder zurück nach Esençay!“
Ich bin aber dann doch in Gelsenkirchen geblieben und habe schließlich in einer integrativen türkischen Grundschulklasse die neue Sprache „von null an“ lernen müssen. Mein Vater bekam erst nach fünf Jahren eine feste Stelle. Anfangs wohnte er noch mit anderen in einem Bettenlager in einer Sporthalle, wo man sie jeden Morgen abgeholt hat, damit sie alle möglichen Arbeiten erledigten, die sonst keiner machen wollte. Also oft richtig eklige Drecksmaloche, wo man mit Gasen und Pestiziden in Berührung kam. Zum Glück gab es aber auch noch viele andere türkische Kollegen, mit denen er sich austauschen konnte, die ihm bei der neuen Sprache und der ungewohnten Bürokratie helfen konnten. Oft trafen sie sich in türkischen Kulturvereinshäusern, die seit den 1980er-Jahren zunehmend entstanden sind. Dort konnte man bei Musik, Folklore, Tanz und viel Tee das Heimweh ein bisschen vergessen.
Mein Vater war zwar auch musikalisch, aber für die Saz war er nicht unbedingt begabt. Das war bei mir anders, und ich habe relativ schnell gelernt, mit dem typisch türkischen Saiteninstrument umzugehen. Die hohen Töne sind unten und die dunklen Töne sind oben … Manches habe ich bei einem Bekannten gelernt, aber vieles habe ich mir auch selbst durch genaues Hören beigebracht. (…)
Nebenher lebte ich aber auch noch meine Liebe zu Fußball, Tischtennis und verschiedenen anderen Sportarten aus, und im Sommer bin ich auch gerne im Freibad gewesen. Nach der Schule ging es meistens zuerst auf den Bolzplatz, oft sogar noch vor dem Essen, oder wir sind mit unseren Freunden und dem Ghettoblaster losgezogen, um neue Breakdance-Moves zu üben. Ich war damals eigentlich immer irgendwie in Bewegung und hatte auch schon eine Freundin.
Bis ich dann im Sommer 1986 den Unfall hatte, der mein Leben ziemlich krass verändert hat. Mit unserer Schulklasse waren wir in einer Jugendherberge in Osnabrück. Ganz in der Nähe war ein Baggersee, der ein paar von uns Jungs so verführerisch angelacht hat, dass wir da unbedingt rein wollten. Ich bin dann mit meinem Kopfsprung im flachen Wasser extrem hart gelandet und das war‘s dann mit meiner Beweglichkeit. Ich kam ins Krankenhaus und spürte meine Beine und Hände nicht mehr. Als mir die Ärzte später sagten, dass ich für immer querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen sein würde, war ich so geschockt, dass ich sie volle Kanne beschimpft habe. Ich musste die ganze Scheiße erst so nach und nach verdauen. Zuhause ist mir irgendwann richtig klar geworden, dass ich nie wieder Saz spielen kann. Aus Wut habe ich sie dann total demoliert …
Nach dem Unfall haben mich die Familie, enge Freunde und auch die Schule aber so stark unterstützt, dass ich den Abschluss geschafft habe, um dann sogar die höhere Handelsschule zu besuchen und eine Lehre als Bürokaufmann zu machen. Mit Ende 20 habe ich einen Arbeitsplatz bei der Konditorei Nehge in Gelsenkirchen gefunden, die besonders für ihre Marzipan- und Honigkuchen-Produktion bekannt war. Von 7:30 bis 14:30 Uhr habe ich dort 35 Stunden in der Woche gearbeitet. Mein Vater, der bis zu seiner Rente zur Überbrückung arbeitslos war, hat mich morgens immer mit dem Auto hingefahren und auch später wieder abgeholt. Schon nach einem Monat Probezeit waren die mit mir so zufrieden, dass sie mich gerne weiter beschäftigt haben. Viereinhalb Jahre habe ich eine feste Stelle gehabt und wenn die Firma nicht insolvent geworden wäre, hätte ich bestimmt auch noch eine Verlängerung bekommen. Das Ganze wurde übrigens auch vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe als Modellprojekt gefördert, weshalb mein Lohn anteilsweise vom Arbeitsamt übernommen wurde. (…)
Im Jahr 2004 mussten wir dann eine Entscheidung treffen. Meine Mutter hatte einen Bandscheibenvorfall, mein Vater war auch krank und meine drei Geschwister waren zu dem Zeitpunkt alle schon aus der elterlichen Wohnung raus. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass wir einen Heimplatz für mich suchen mussten. In Gelsenkirchen war allerdings nichts Passendes zu finden, es gab nur Altenheime oder Häuser für geistig Behinderte. Als ich mal wieder wegen irgendeiner Sache im Krankenhaus lag, und zwar in Bochum-Bergmannsheil, hat mir eine Sozialarbeiterin eine Broschüre gezeigt, die vom damaligen Bewohner Hubertus Sievers aus dem Frida Kahlo Haus dort hinterlassen wurde. Sie meinte, das wäre doch vielleicht genau das Richtige für mich. Im Januar 2005 gab es dann ein längeres Gespräch mit dem Haus und im März 2005 war schon ein Platz für mich frei. Zuerst natürlich noch im Doppelzimmer, insgesamt wohl so dreieinhalb Jahre lang.
Auf der Station, wo ich zuerst war, gab es einen türkischen Stationsleiter, mit dem ich mich super verstanden habe. Ich bin sogar länger als nötig im Doppelzimmer geblieben, aber irgendwann möchte man doch mal mehr Ruhe haben und dafür war das Zimmer, das ich jetzt schon seit 2009 bewohne, bestens geeignet. Schön nach hinten raus, ziemlich ruhig mit Blick ins Grüne. Als ich neu in Köln war, habe ich erstmal so nach und nach die mir damals ganz unbekannte Stadt erkundet. Angefangen habe ich mit Weiden und dem Einkaufszentrum, wo man schnell mit der Linie 1 hinkommt, und dann ging es irgendwann auch in den Grüngürtel, in die Altstadt, nach Ehrenfeld oder nach Deutz, Mülheim und Poll an den Rhein. Ich kann mich noch erinnern, wie ich beim ersten Mal am Flussufer mit dem Rolli im Sand stecken geblieben bin. Da kam ich nur mit fremder Hilfe wieder raus. Über die Jahre lernte ich dann meine neue Heimatstadt immer besser kennen. Als alter Gelsenkirchener habe ich aber trotzdem meinem Herzensverein Schalke 04 immer die Treue gehalten, wie man bei mir im Zimmer ganz deutlich sehen kann!
Als großer Bob Marley-Fan bin ich natürlich irgendwann auch auf dem Summer Jam am Fühlinger See in Köln gelandet. Es ist das größte Reggae-Festival in ganz Europa und findet jedes Jahr an drei Tagen im Juli statt. Ich glaube, dass ich dort schon seit 2011 regelmäßig mit am Start bin, wenn nicht gerade Corona oder ein Krankenhausaufenthalt das verhindert. Ist zwar ein bisschen umständlich mit der Fahrerei, zuerst die Linie 1, dann umsteigen in die 12 oder 15 und dann noch ‘ne Strecke mit dem Bus … und spätabends dann das gleiche Spiel wieder zurück … Aber egal, ich freue mich jedes Jahr auf dieses Musik-Festival, und ich habe in der Reggae-Szene auch schon so einige Freunde gefunden. Weil viele auf dem Gelände am See ihre Zelte aufbauen, dort reichlich gegessen, getrunken, geraucht und gechillt wird, hat das Ganze auch eine superentspannte Urlaubsatmosphäre. Interessanterweise gibt’s da wiederum auch viele Querverbindungen zur Techno-Szene. (…)
Mit dem Gleitschirm zu fliegen war ein absolut unvergessliches Erlebnis. Ich weiß noch, wie wir 2019 im Familienkreis in Alanya am Mittelmeer Urlaub machten, die Kinder von meiner Schwester waren auch dabei. Eines Tages saß ich am Strand und beobachtete fasziniert die Gleitschirme, mit denen man dort fliegen konnte. „Dat mach’ ich auch!“ war das Erste, was mir durch den Kopf ging. Und mit Hilfe meines supersportlichen Bruders, der auch schon Paragliding-Erfahrung am Berg hatte, haben wir meine spontane Idee zum Glück auch umsetzen können. Die Jungs vom Motorboot haben uns am Anfang eine kleine Einführung gegeben, wie man sich verhalten sollte, dann sind sie ein Stück rausgefahren, haben uns gezogen und dabei die Verbindungsleine immer weiter aufgerollt, sodass wir irgendwann wohl 40 bis 50 Meter hoch über dem Mittelmeer geschwebt sind. Was für ein geiles Gefühl! (…)
Ich liebe die Natur und ich liebe meine Familie. Besonders cool ist es, wenn man beides miteinander verbinden kann, wie auf den Fotos zum Beispiel bei einem Ausflug zum Adenauer Weiher in Köln. Ich nehme mal an, dass mein anderer Bruder dieses Foto gemacht hat, sonst wäre der sicher auch auf dem Bild zu sehen. Immer wenn wir zusammen mit der Family was unternehmen, egal, ob das nun ein gemeinsamer Urlaub in der Türkei, in Sardinien oder auch nur ein kleiner Ausflug in der Nähe vom Frida Kahlo Haus ist, geht mir das Herz auf. (…)
Einer meiner Lieblingsorte beim Frida Kahlo Haus ist der Platz auf dem Hof am Magnolienbaum. Vor allem, wenn er im März/April so wunderbar blüht. Leider haben diese schönen Blüten nur ein kurzes Leben. Ein kurzes Leben hatten leider auch zahlreiche Bewohner, die ich hier seit 2005 kennengelernt habe. Viele sind traurigerweise inzwischen gestorben und auch ich bin dem Tod schon ein paarmal nur ganz knapp von der Schippe gesprungen. Das Problem bei mir ist ja, dass ich als Querschnittsgelähmter einen großen Teil meines Körpers überhaupt nicht mehr spüre. So kann ich natürlich auch keine Warnsignale empfangen und handele mir alle möglichen Krankheiten und Infekte ein, ohne es direkt zu merken. (…)
Naja, was soll ich sagen … Hoffen wir mal, dass weiterhin alles gutgeht! Der Winter ist für mich immer die härteste Zeit, weil man bei dem Mistwetter und der Dunkelheit kaum raus kann. Damit mir die Decke dann im Zimmer nicht auf den Kopf fällt, schaue ich mir viele Serien oder YouTube-Videos an. Am liebsten gucke ich Reise-Dokus, vor allem aus der Türkei. Auf die Weise habe ich schon fast alle Regionen aus meinem alten Heimatland kennengelernt. Aber sobald die Magnolien vor dem Haus blühen, weiß ich, dass die Tage deutlich länger werden und ich endlich auch wieder mehr draußen unternehmen kann.
Der vollständige Beitrag – und noch weitere lesenswerte Biografien der Bewohnerinnen und Bewohner – im Band „Lebensbilder“ aus dem Frida Kahlo Haus. Das Buch ist – gegen eine Spende in beliebiger Höhe für eine Rollstuhl-Rikscha – erhältlich unter bzw. Tel. 0221-4985-220.
Kammermusik bewegende MomenteGerade berichtete der Stadtanzeiger über das Projekt in unseren Einrichtungen: Melanie Heizmann, Sängerin, ehrenamtliche Palliativbegleiterin und systemischer Coach, bietet „Kammermusik“ an – aber nicht in der klassischen Definition, sondern für Menschen, die nicht mehr so mobil oder bettlägerig sind.
Das Clarenbachwerk startete ein Pilotprojekt mit ihr zum Sommerfest 2022 – während draußen die Bands spielten, besuchte Melanie Heizmann einzelne Bewohnerinnen und Bewohner in deren „Kammer“ und schenkte ihnen ein kleines Privatkonzert „an der Bettkante“.
Mit einer Musik-Box kommt sie zu etwa 20-minütigen, musikalischen 1:1-Begegnungen vorbei. Die Lieder sind auf die Bewohnerwünsche angepasst: seien es die Comedian Harmonists, alte Volkslieder, Jazz oder saisonal passend. Oft ermöglicht die Musik Gesprächsanlässe und Rückschlüsse auf das Befinden.
Mit ihrem Angebot erreicht Melanie Heizmann selbst Menschen, die durch Demenz ein herausforderndes Verhalten zeigen oder kaum mehr ansprechbar sind. Auch wenn Bewohner im Sterben liegen, weiß sie, was im jeweiligen Moment gefragt ist: Ansprache, die Hand halten, Mut machen – oder ein Lied singen.
Ausbildungsratgeber GesundheitsberufeAuf der Suche nach der passenden Ausbildung? Der neue Ratgeber „Gesundheitsberufe“ soll Schülerinnen und Schüler beim Start in die berufliche Zukunft unterstützen, deren Schule in absehbarer Zeit zu Ende geht und bei denen der nächste Schritt zur Ausbildung ansteht. Hier kann er als PDF heruntergeladen werden.
Alle Fragen rund um die Berufswahl, das Ausbildungsplatzangebot und die Bewerbung in der Pflege- und Gesundheitsbranche werden darin beantwortet. In Kooperation mit Kölner Schulen hilft das Magazin bei der richtigen Wahl und beantwortet wichtige Fragen: Welche Ausbildung soll ich wählen? Wer bildet aus? Und wie bewerbe ich mich schließlich richtig?
Schöne Bescherung an Heilig Abend: Wir freuen uns über rund 100 liebevoll verpackte Geschenke – gespendet von Privatleuten über eine Aktion von Home Instead und dem Rhein-Center Weiden.
Auf diese Weise erhalten auch Menschen in unseren Einrichtungen, die wenig Mittel oder keine Angehörigen haben, persönliche Weihnachtsgeschenke – und das schöne Gefühl, dass jemand an sie gedacht hat!
Ein Kuscheltier, ein Tagebuch, eine FC-Kappe oder auch eine Anti-Falten-Creme – es sind kleine, bescheidene Wünsche, die aber umso größere Freude auslösen, wenn sie erfüllt werden.
Essen und Trinken hält nicht nur Leib und Seele zusammen. Besonders an Weihnachten bedeutet es für die meisten Menschen viel mehr: festlicher Höhepunkt, Sinnesfreuden, geselliges Beisammensein. Wie das aber umsetzen, wenn man seine Lieben zu einem besonderen Mahl einladen möchte, aber im Pflegeheim lebt?
Wenn man die Rezepte noch im Kopf hat, die Hände aber nicht mehr mitmachen? Wenn man gerne einmal wieder im Restaurant speisen würde, allein aber keinen Schritt mehr vor die Tür tun kann? Aus dieser Not vieler pflegebedürftiger Menschen macht das Clarenbachwerk in der Weihnachtszeit eine Tugend: Der Veranstaltungssaal wird in allen sechs Pflegeeinrichtungen kurzerhand zum Restaurant umfunktioniert. Bewohnerinnen und Bewohner dürfen zum klassischen Weihnachtsessen jeweils Gäste mitbringen. Mit schriftlicher Einladung, Servicekräften in Livrée, Menü- und Weinkarte, Pianomusik.
Damit sich alle wohl fühlen, wird auch die Tischordnung reflektiert: Wer kennt wen, hat schon freundschaftlichen Kontakt? Welcher Bewohner benötigt Unterstützung beim Essen? Möchten das die Angehörigen übernehmen, oder wünschen sie eine Hilfskraft? Wer isst seinen Rotkohl und Gänsebraten pürriert?
Bei unserer Pflege und Betreuung geht es immer auch um maximale Selbstbestimmtheit – da gehört die Möglichkeit, mal wieder Gastgeberin oder Gastgeber ‚im eigenen Haus‘ zu sein, dazu.