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Hauszeitschrift

Lebensbilder Teil 2

08. Januar 2024

(„Walzer & Rollschuhe“ – Auszug aus der Biografie von Irene Schiefer)

Geboren bin ich in Wiesbaden, aber aufgewachsen im Kölner Stadtteil Neu-Ehrenfeld, genauer gesagt in der Eichendorffstraße. Zum Glück haben viele schöne Gründerzeithäuser dort den Krieg recht gut überlebt, wie auch das ganze Viertel, vor allem wenn man es mit dem sonst so stark zerstörten Rest von Köln vergleicht. Aber auch wir hatten da natürlich immer wieder Bombenalarme gehabt und mussten nachts oft in den Keller oder in einen nahegelegenen Bunker (…).

Wie früher so üblich habe ich auch als Kind viel auf der Straße gespielt. Autos, die einen dabei stören konnten, gab es ja nur ganz selten. Besonders geliebt habe ich das Rollschuhfahren. Da habe ich allerlei Figuren und tänzerische Einlagen ausprobiert und fühlte mich manchmal wie eine Eisprinzessin. (…)

In der Eichendorffstraße an der Ecke zum Gürtel gab es früher schon das Café Franck, das auch damals für seine wunderbaren Kuchen und Gebäcke bekannt war. 

Nach dem Schulabschluss und einem Pflichtjahr in einem großen Haus, bei einer Familie, deren Mitglieder fanatische Anhänger von Goebbels waren, habe ich eine Lehre als Stenotypistin beziehungsweise Sekretärin angefangen. Zusätzlich habe ich noch ein Jahr in einer Benimm-Akademie in Deutz absolviert, wo man neben dem guten Benehmen auch kaufmännische Inhalte vermittelt bekam. Unter anderem musste ich auch mal bei dem bekannten Unternehmer Herrn Schickedanz, der unter anderem Chef der Tempo-Papiertaschentücher-Fabrik oder des Quelle-Versandhandels war, aushelfen. (…)

Während meiner Lehre habe ich übrigens auch meinen Jugendfreund Ludwig Sebus kennengelernt, zu dem ich bis zum heutigen Tag noch sehr guten und regelmäßigen Kontakt habe. Damals haben wir mit zwei befreundeten Paaren viele gemeinsame Ausflüge oder Bootstouren unternommen, zum Beispiel in die Eifel, ins Bergische Land oder vor allem ins Siebengebirge. (…)

Meinen Mann habe ich beim Hausball näher kennengelernt. Wir haben beide leidenschaftlich gerne getanzt. Als wir in Nippes gewohnt haben, sind wir ganz oft in die Flora oder in die Bastei zum Tanzen gewesen. Wenn wir zwei tanzten, dann guckten die Leute! Besonders geliebt haben wir den langsamen Walzer, da konnte man so herrlich bei schweben. Aber den Quickstep habe ich auch sehr gemocht. (…)

Mein Mann hatte einen Betrieb für Heizungsinstallation in der Glasstraße, wo er väterlicherseits auch zwei Häuser geerbt hatte. Teilweise wurden die Räume vermietet und teilweise dienten sie als Laden- bzw. Büroraum. Nachdem mein Mann einmal für längere Zeit ins Krankenhaus musste, habe ich meine Stelle beim Verband deutscher Drogisten aufgegeben und mich mehr und mehr dort in der Glasstraße eingearbeitet und nach Rücksprache mit meinem Mann den Laden vorübergehend alleine weiter versorgt. Und als er schließlich wieder das Krankenhaus verlassen durfte, habe ich dann die Büroarbeit im Betrieb übernommen. (…) Trotz der vielen Verpflichtungen hatten wir aber zum Glück noch genug Zeit für schöne Reisen und Urlaube. Zum Skifahren sind wir dann immer in die Berge der Alpen gefahren und zum Erholen unter anderem auf die italienische Insel Ischia, wo man sich durch das angenehme Klima und die gesunden heißen Quellen wunderbar entspannen konnte. Danach fühlte man sich wieder wie neugeboren.

Auch wenn uns beiden keine Kinder vergönnt waren, haben wir doch das Leben trotz der vielen Arbeit und Verpflichtungen genießen können.

 Eine große Rolle hatte neben dem Kölner Karneval und dem Reisen auch die Musik. Mein Mann hat mit Leidenschaft Akkordeon und Hammond-Orgel gespielt und öfter zuhause Konzerte und Feste veranstaltet. Da war dann eine prächtige Stimmung im Haus! (…) Auch heute noch geht mir das Herz auf, wenn ich die Musik von früher höre, und besonders gerne lausche ich dann den schönen Liedern meines guten Freundes Ludwig Sebus.