Hauszeitschrift
Integrationsbeauftragte hilft Mitarbeitenden
02. Juni 2025
Edita Zickert ist seit einiger Zeit die Integrationsbeauftragte des Clarenbachwerks. Was genau das ist und warum es eine gleichermaßen wichtige wie schöne Tätigkeit ist, erläutert sie im Interview.
Georg Salzberger: Ich freue mich, dass es mit unserem Gespräch so schnell geklappt hat und ich etwas über die Integrationsbeauftragte des Clarenbachwerks erfahren kann. Ausgangspunkt für mich waren Fotos von einer Stadtführung mit Ihnen und neuen Mitarbeitenden des Clarenbachwerks. Die Fotos drücken meines Erachtens bildhaft aus, worum es bei Integration geht. Stimmt das? Und was ist das eigentlich, eine Integrationsbeauftragte, was macht die genau und wie sind Sie zur Integrationsbeauftragten geworden?
Edita Zickert: Frau Richter hat mich angesprochen, auf Empfehlung von Herrn Schröder. Das Clarenbachwerk hat genauso wie viele andere Träger mit dem Notstand zu tun, zu wenig Pflegekräfte anstellen zu können, vor allem zu wenig examinierte. Eine Maßnahme, das zu ändern, besteht darin, Pflegekräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Das hat Frau Rönneper initiiert. Das ist übrigens nichts ganz Neues, das läuft schon seit einigen Jahren. Es gibt verschiedene Firmen, die das machen und das Clarenbachwerk arbeitet mit drei Firmen zusammen: Triple Win, diese Firma arbeitet mit der Bundesagentur für Arbeit zusammen, die rekrutieren hauptsächlich Pflegekräfte aus Indien, aus Kerala. Dann ist da die Firma Iuvare, über die haben wir drei tunesische Pflegekräfte vermittelt bekommen. Die sind schon gut hier angekommen, sie warten auf die letzten unerledigten Papiere, zum Bespiel den Stempel des Ausländeramtes. Und schließlich arbeiten wir noch mit der Firma Dekra zusammen, diese Firma hat uns Pflegekräfte aus Albanien vermittelt. Jede Firma handhabt das anders, der Prozess ist jeweils anders. Und da braucht man jemanden, der das alles im Blick behält. Deshalb ist es wichtig, eine Integrationsbeauftragte zu haben.
gS: Warum sind die Verantwortlichen des Clarenbachwerks auf Sie gekommen?
eZ: Vielleicht bin ich ein gutes Beispiel für gelungene Integration. Ich komme ja aus Litauen und habe fast das Gleiche durchmachen müssen. Ich weiß, wie schwer das ist, was für Probleme man hat. Ja, es gibt eine Reihe von Sachen, an die man selbst gar nicht denkt, bzw. denkt man nicht daran, dass es ein Problem sein könnte. Zum Beispiel hat mir eine Inderin erzählt, wir unterhielten uns über allerhand und ich fragte: „Was war für dich komisch, interessant oder ungewöhnlich, als du nach Deutschland gekommen bist, was war quasi ein Kulturschock?“ Daraufhin meinte sie, ja besonders die Ampel. „Wieso die Ampel?“, erwiderte ich, die gibt es doch auch in Indien. „Na klar gibt es in Indien auch Ampeln, aber kein Mensch bleibt bei Rot stehen.“
gS: Da ist sie doch in Köln genau am richtigen Ort, die Kölner sind auch nicht besonders ehrfürchtig bei roten Ampeln …
eZ: Trotzdem ist es natürlich wichtig, auf solche Eigenarten hinzuweisen. Das hat in diesem Fall auch Frau Janes gemacht, die hat eine Patenschaft übernommen, um eben das Ankommen und Hiersein zu erleichtern.
gS: Kann ich sagen, Sie hätten sich seinerzeit auch eine Integrationshilfe gewünscht, als sie neu in Köln waren?
eZ: Bei mir war das eine andere Situation, ich bin zunächst als Au Pair gekommen, das heißt ich war in einer Familie, die mich sehr nett an die neue Umgebung und Situation herangeführt hat, die sozusagen auch Integrationsbeauftragte für mich waren. Denn es geht natürlich nicht nur um Ampeln, das ist eher unwichtig. Herausfordernd sind die Behördengänge, wo bekomme ich eine Handy-Sim-Karte her, wie aktiviere ich die, Anmeldung bei der Stadt Köln, beim Ausländeramt, was muss ich tun, damit meine Abschlüsse hier anerkannt werden. Und natürlich arbeite ich eng mit den Häusern zusammen. Ganz wichtig aber ist, dass ich mich nach den Neuankömmlingen erkundige, frage, wie geht es, was fehlt, gefällt die Arbeit, wie ist das Verhältnis zu den Kollegen usw. Eine Inderin hat mich am besten beschrieben, als sie gefragt wurde, wer ich sei: „Das ist unsere Freundin, unser alles!“
gS: Sie sind, wenn man so will, für die Willkommenskultur zuständig. Wir können uns alle vorstellen, wie schwierig ein Anfang in einem neuen Land ist, mit fremder Sprache, anderer Kultur. Da ist es schon eine sehr große Hilfe, wenn man jemanden an der Seite hat, den man alles fragen kann und die einem alles zeigt und erklärt.
eZ: Ich helfe einfach bei den ersten Schritten. Jetzt fällt mir gerade ein, eine Pflegerin, die in Deckstein arbeitet, aber in Müngersdorf wohnt, ihr habe ich dann gezeigt, wie sie an ein Deutschland-Ticket kommt und ich bin mir ihr die Strecke nach Deckstein mit Bus und Bahn abgefahren. Letzthin habe ich auch eine Pflegerin ins Krankenhaus begleitet, als sie plötzlich krank wurde.
gS: Ihre Tätigkeit richtet sich nach dem Bedarf, den die Neuankömmlinge haben?
eZ: Genau, deshalb kann ich auch gar nicht genau sagen, was ich mache, gemacht habe, was alles dazu gehört. Das entscheiden die neuen Pflegekräfte. Es kommt immer drauf an, was sie brauchen, was sie wünschen.
gS: Wie viele Mitarbeitende haben Sie inzwischen begleitet?
eZ: Drei aus Tunesien, drei aus Albanien und drei aus Indien.
gS: Und alle haben Wohnungen im Clarenbachwerk?
eZ: Genau, entweder im Stephanus/Paulus oder im Haus Martin Luther King. Eine neue Kollegin wohnt in Düren, die hat da Familie und die haben ihr eine Wohnung organisiert, haben sich auch um die Anmeldung gekümmert, ich musste mich nur noch um die Krankenversicherung kümmern.
gS: Und Sie machen das gerne?
eZ: Ja, sehr gerne!
gS: Können Sie beschreiben, warum?
eZ: Weil das sehr abwechslungsreich ist, wie gesagt, man weiß nie was kommt. Und die Menschen sind alle nett, man hat einen schönen Austausch mit anderen Menschen aus anderen Kulturen. Sinnvoll ist die Arbeit und sie ist schön, unter anderem, weil man Ergebnisse sieht. Ich freue mich, wenn Prüfungen, zu denen ich begleite, bestanden werden. Bei allen Tätigkeiten gibt es Ergebnisse, an denen man den Erfolg der Bemühungen erkennen kann.
gS: Und es ist sicherlich ein Segen, wenn Sie das gerne machen, dann fühlt man sich als Neuankömmling direkt willkommen. Nochmal zurück zu den Fotos, die ich gesehen habe und die mich angesprochen haben.
eZ: Eine Stadtführung, das war die Idee von Frau Klemm. Die war schon früher involviert, hat die Begleitung zunächst gemacht und sich um drei Mitarbeitende aus Tunesien und zwei Kolleginnen aus Indien gekümmert und hatte dann auch die Idee mit einer Stadtführung, um allen Neuankömmlingen Köln zu zeigen. Als sie mir das erzählt hat, habe ich direkt an Uli (Kievernagel) gedacht, den Köln-Lotsen, einen besseren gibt es nicht. Ich habe ihn dann angerufen, er hat sich sehr gefreut und Uli hat uns auf seine lebendige Art und Weise Köln und seine Eigenheiten gezeigt.
gS: Und wie war das für die Neukölnerinnen und Neukölner, war Köln für sie sehr fremd?
eZ: Ich glaube, das war für die meisten nicht sehr fremd, die sind ja schon ein paar Monate hier, die kannten Köln schon ein bisschen. Aber die Führung fand sehr guten Anklang, war schön und interessant.
gS: Auch was den Karneval angeht?
eZ: Niketta aus Albanien musste einen Schwur auf die Roten Funken ablegen, wir standen dabei, alle mit roten Nasen.
gS: Und werden die Teilnehmenden alle aktiv sein am Elften im Elften?
eZ: Alle nicht, aber einige bestimmt. Die erwähnte Dame aus Albanien, Niketta, trug beim diesjährigen Betriebsfest die Anstecknadel der Roten Funken, die sie bekommen hatte.
gS: Haben Sie eigentlich das Gefühl, dass es Köln den Neuankömmlingen leicht macht, wie man das immer so sagt oder behauptet? Dass Köln eine Stadt ist, zu der „Immis“ schnell Zugang findet?
eZ: Auf jeden Fall, Köln ist zurecht dafür bekannt. Aber die Behörden … eher nicht!
gS: Gibt es Aspekte, nach denen ich noch nicht gefragt habe, die Ihnen aber noch wichtig sind?
eZ: Wichtig ist unbedingt noch, dass wir Paten suchen für unsere neuen Kolleginnen und Kollegen. Diese Paten sollten auch Spaß haben, die Neuankömmlinge miteinzubeziehen, sie mal abends mitnehmen, zum Beispiel zum Weihnachtsmarkt, sie einfach mit einbinden. Auch, um die Deutschkenntnisse noch zu verbessern, gibt es nichts Besseres als Kontakt zu deutschen Kolleginnen und Kollegen. Einige Neuankömmlinge kannten sich bereits, die anderen habe ich mit-
einander bekannt gemacht, aber um dauerhaft gut hier leben zu können, wäre es wichtig, dass sich ihr Kreis an Mitmenschen erweitert.
Und ich möchte noch erwähnen, dass ich nicht alles allein mache, sondern zusammen mit Chiara Rönneper und Lena Klemm, mit denen ich mich regelmäßig austausche, nicht nur, wenn ich mal nicht weiter weiß!
gS: Vielen Dank, Frau Zickert für diesen anschaulichen Einblick in ihre Tätigkeit als Integrationsbeauftragte!
Tipp: Radiobeitrag zum Thema
„Auslandsrecruiting“ in „Neugier genügt“/WDR 5, in dem auch vom Clarenbachwerk berichtet wird. Sendetermin voraussichtlich 25.3., anschl. in der Mediathek: https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/neugier-genuegt/index.html
UNTERSTÜTZUNG GESUCHT!
Worüber würden wir uns freuen, wenn wir für einen neuen Job in ein anderes Land mit einer fremden Kultur kämen? Wohl vor allem über Interesse, Kontakte und hilfreiche Tipps.
Deshalb suchen wir offene Menschen, die unseren neuen Mitarbeitenden (alle haben Deutschkenntnisse auf B2-Niveau) ab und zu etwas von Köln und seinem Angebot zeigen. Zum Austausch oder für gemeinsame Aktivitäten, z. B. Einkaufen, Feste, Freizeit-, Kultur- oder Sportveranstaltungen.
Interessierte melden sich bitte bei Editha Zickert unter
Gerne auch weitergeben an Freunde und Bekannte – vielen Dank!